Alster HamburgWir sehen die Dinge oft nur so, wie wir sie sehen wollen – aus unserer Perspektive. Mir selbst geht es regelmässig als Fahradfahrer so – dann ärgere ich mich über Fussgänger, die völlig gedankenlos über den Radweg laufen, über die Tatsache, dass alle Fußgänger und Autofahrer ihre Ampeln bekommen und die Radfahrer nur, wo’s halt gerade passt. Sobald ich aber vom Fahrrad absteige bin ich wieder ganz Fussgänger und laufe gedankenverloren auf dem Radweg…

Elbe HamburgWir machen uns die Welt einfach, indem wir uns an das halten, was wir kennen. Wir machen uns die Welt einfach, indem wir davon ausgehen, dass unsere Sicht der Dinge die richtige ist. Wenn wir Meinungen nicht verstehen, dann haben die halt Unrecht und keine Ahnung. So einfach. Selten versuchen wir wirklich den Standpunkt des anderen zu verstehen. Und damit meine ich: den anderen wirklich verstehen. Denn genau das ist es, was Verbindung und Verständnis schafft. Wir müssen deshalb nicht mit allem einverstanden sein, aber es hilft dabei, sich auf alles einen Sinn zu machen – Reaktionen und Verhalten von anderen besser zu verstehen. Nicht selten merken wir dann, dass wir selber ähnlich funktionieren. Auch wir regieren auf Kleinigkeiten völlig merkwürdig – nicht, weil uns die Sache selber interessiert, sondern weil unser Ego verletzt wurde. Und das Ego will immer Recht haben und wichtig sein. Es wird zu einem Krieg der Prinzipien und das Ego ist vollkommen entrüstet! Wir verpassen den Augenblick, wo wir drüber lachen können – über die Sache selber und über die Reaktion unseres Ego – und die Sache einmal nüchtern betrachten.

Alster HamburgYoga will uns beibringen mit Leichtigkeit und Offenheit andere Positionen einzunehmen und ein Bewusstsein auch für das zu Entwickeln, was gerade nicht unsere Aufmerksamkeit hat. Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie ähnlich wir uns letztendlich doch alle sind. Yoga schafft Verbindung, wenn wir alle Seiten – bei uns und bei anderen – betrachten. Das Ego hat da keinen Platz.

Schalten wir zu den Feiertagen mal das Ego aus und gehen auf alle anderen mit offenen Armen zu, um es zum Fest herzlich zu drücken. Genau so, wie sich 1914 im zweiten Weltkrieg Deutsch und Englische Soldaten verhalten haben. Am Heiligen Abend standen sie sich gegenüber, festgefahren in einem Krieg gegeneinander. Bis in einem der Gräben jemand anfing ‘Stille Nacht‘ zu singen und jemand anderes mit ‘Silent Night‘ einstimmte. An diesem Abend trafen sie sich in der Mitte des Niemandslandes, weil sie hinter allen Differenzen die Gemeinsamkeiten sehen konnten. Statt nur ihre Hälfte zu sehen, haben sie das große, ganze gesehen. Und da sind wir alle zu Hause.

 

Abendlied von Matthias Claudius:
Alster Hamburg
1. Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

3. Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.